Das ist einer der meistgehörten Sätze meines Illustratorinnendaseins: "Ich habs selbst versucht und es sieht nicht gut aus bzw es funktioniert einfach nicht."

 

Das ist oft das Ergebnis, wenn man sich fragt, ob man es nicht auch selbst kann. Kann ja nicht so schwer sein, ein paar Bildchen zu malen. Da setzt man sich hin, Tage, Wochen, vielleicht Monate, recherchiert im Internet, macht vielleicht einen dieser günstigen Onlinekurse und kauft sich Equipment. Man will unbedingt loslegen und träumt von der tollen Amazon-Platzierung. Allerdings ists schwierig. Man merkt, dass die Hand nicht tut, was man sich im Kopf vorgestellt hat, der Frust steigt und am Ende hat man vielleicht zehn von geplanten dreißig Bildern gerade so grob skizziert und ist überhaupt nicht zufrieden. Es sieht nicht nur amateurhaft aus, es passt sich auch nicht in word ein.

Dann bleibt das Ganze ein halbes Jahr liegen, bevor man es nochmal versucht. Diesmal beißt man sich durch und hat schon einige durchgesessene Tage mit sehr viel Arbeit und schon angesammelte Kosten hinter sich. Hat sich vielleicht Farben oder Apps besorgt und die Skizzen irgendwie coloriert. In Word gesetzt und ist noch fünf Mal nahezu verzweifelt. Am Ende sitzt man mit dem Ergebnis, mit dem man sich irgendwie dann arrangiert hat nun vor einer dieser einfachen Druckplattformen, die einem in Sekundenschnelle das eigene Buch versprechen und merkt, dass das Format nicht passt. Dass der Text nicht mehr passt. Dass der Text in die Mitte reinragt. Dass Elemente im Anschnitt liegen. Was ist ein Anschnitt?

Der Buchrücken ist zu breit oder zu schmal, der Hinterkopf von Klein Fride auf dem Cover wird irgendwie abgeschnitten und dafür ist in der Mitte zuviel Platz. Innen steht Fride mitten im Falz (???), was dafür sorgt, dass ihr linkes und rechtes Ohr direkt nebeneinanderstehen und das Gesicht in den Untiefen der Mitte verschwindet. Man selbst sieht großzügig darüber hinweg, dass Klein Fride in jedem Bild irgendwie anders aussieht (Charakterkonsistenz ist das Ergebnis jahre- bis jahrzehntelangen Lernens und einer der vielen Faktoren, die einen Laien vom Profi unterscheidet), aber nachdem man sein Werk stolz dem Nachbarsspross zur kritischen Würdigung vorgelegt hat und selbst dieser fragt, warum auf jedem Bild ein anderes Kind zu sehen ist, kommen dann doch lautere Zweifel. Außerdem sind auf der nächsten Seite ihre Daumen auf der falschen Seite und ihr fehlt ein Zeh....all die Arbeit für die Katz.

 

Ich weiß nicht, wo ich anfangen soll zu erklären. Zunächst einmal hat es einen Grund, warum man Illustration studiert. Warum man auch nach zehn Jahren immer noch nicht ausgelernt hat. Warum sehr viele Einsteiger sehr schnell wieder aufgeben. Dann setzen wir Illustratoren uns nicht einfach hin und fangen an, irgendwas zu zeichnen, was in der Geschichte steht. Eine ganze Menge Überlegungen müssen vorher stattgefunden haben, sonst hat man am Ende nervtötende, zeitraubende Probleme, die man erst wieder beheben muss, bevor das Buch in den Druck kann. Richtig geplant ist die halbe Arbeit. Und ein Millimeterfehler im Plan ist ein Meter im Flansch.

 

Kinderbuchillustration ist komplex und ein derart breites Feld, dass man als Laie mit völlig anderem Brotjob kaum dazu kommt, das so umzusetzen, wie es jemand macht, der sich den ganzen Tag nur damit beschäftigt.

 

Ein paar Beispiele: Das Layout eines Kinderbuchs muss vorab geplant werden, bevor die Skizzen anfangen. Wonach entscheidet man, wo was hinkommt? Wie man Absätze sinnvoll aufteilt? Welches Format soll das Ganze überhaupt haben? Denn im Nachhinein dieses zu verändern, weils am Ende im Buch nicht passt, die Figuren doch auf die andere Seite sollen oder aus dem Rand herausragen, ist ziemlich ätzend. Weviele Seiten stehen zur Verfügung wieviel Zeit hat man dafür? Je weniger Zeit, umso geübter muss die Hand sein.

 

Welche Stimmung sollen die Bilder erzeugen wie und wie erreiche ich diese Stimmung mit meinen Farben? Welche Technik wende ich an, strukturhaftes Aquarell oder wandelbare Digitalillustrationen? Wieviele sind überhaupt für die Geschichte gut und wie sollen die Bilder aufgeteilt werden, damit es weder zu langweilig noch zu überladen wird? Welchen Zweck hat das Buch überhaupt? Ist es eine Fantasiegeschichte mit großen Bildern für kleinere Kinder? Ein Erstleserbuch? Ein Experimentebuch für größere Kinder? Welche Darstellungen sind an welcher Stelle für welche Zielgruppe wichtig? Was verkauft sich gut und bindet die Aufmerksamkeit des Betrachters?

Wie schaffe ich es technisch, einen hochwertigen Stil konsistent über das ganze Buch beizubehalten? Welche Dateiformate gibt es und wann ist welches wichtig? Welche Einstellungen brauchen diese Dateiformate, damit das Layout am Ende druckbar wird?

 

Wie sollen die Charaktere aussehen und wie erhalte ich die Wiedererkennbarkeit in jeder einzelnen Pose?

 

Und so weiter und so fort.

Wenn man ein Buch illustriert, kann man an sehr vielen Problemen verzweifeln. Den Stress kann man sich sparen. Mit einer professionellen Illustratorin macht man nicht ständig Abstriche in der Qualität der Bilder, im Gegenteil Sobald du die ersten Skizzen und Colorationen siehst, geht dir das Herz auf. Sobald du das Layout ausgedruckt in der Hand hast, siehst du, wie stimming Bilder und Texte ineinandergreifen und das Buch am Ende mehr ist, als die Summe seiner Teile. Das ist dann Magie und Können.